Alltagsgewohnheiten und Lebensumstände für einen gesunden Körper – Ed. 1

Heute am Beispiel „Schlaf“

Seltsamerweise, wann immer ich auch Patienten nach gewissen Lebensbereichen befrage – häufig vor allem die Patienten, bei denen sich die Beschwerden einfach nicht bessern wollen – spüren diese worauf ich hinaus will und beginnen sofort sich zu rechtfertigen.

Ich bin aber gar nicht dazu da irgendjemanden als Schlaumeier zu belehren oder ihm Vorwürfe zu machen. Erstens erlaube ich mir die Anmaßung nicht, alles zu wissen und zu können, zweitens können individuelle Gegebenheiten der Person die ganze Sache in einem völlig anderen Licht dastehen lassen und drittens gibt es oft schlichtweg keine absolute Wahrheit oder Lösung. (Außerdem wer mag schon Schlaumeier?)

Ich habe mir lediglich in der Zeit zwischen der Pubertät und heute – immerhin über 10 Jahre – so viele Lebensbereiche genauer angesehen und versucht diese für mein eigenes Leben zu optimieren, dass ich irgendwann gemerkt habe, wie viele meiner Patienten ebenfalls von diesem Wissen profitieren können.Wer macht sich schon ständig Gedanken über seine Körperhaltung, wie er seine Taschen trägt oder aber generell über kleine Symptome im Alltag, die andeuten, dass etwas nicht ganz so funktioniert wie es sollte. Die wenigsten. Deshalb gibt es uns Therapeuten.

Fangen wir mit einer Tätigkeit an, die wir alle etwa ein Drittel unseres Lebens machen, nämlich Schlafen. Was den meisten vielleicht noch bewusst ist, ist die Tatsache, dass Schlaf wichtig ist. Ich finde, da sollten wir aber nicht aufhören.

Schlaf ist UNFASSBAR wichtig für unser Wohlergehen, man darf das auf keinen Fall unterschätzen.
Nehmen wir das Beispiel Nackenverspannungen und -beschwerden. Ein Großteil kommt von zu viel Büro-Arbeit, bzw. sitzenden Tätigkeiten, das zeigt die Erfahrung.

Aber ein ebenso großer Teil kommt von Stress und psychischer Belastung. Wer nicht aktiv mit Entspannungsverfahren, Bewegung (z.B. „Auspowern“ oder Spaziergänge in der Natur) und täglich 1. ausreichend langem und 2. qualitativ gutem Schlaf einen Ausgleich schafft wird die Konsequenzen in Form von orthopädischen oder anderen körperlichen Symptomen früher oder später zu spüren bekommen.

Die optimale Schlafdauer muss jeder selbst für sich herausfinden, aber hier die wichtigsten Punkte:

– die meisten Menschen benötigen zwischen 6 und 8 Stunden Schlaf (es gibt aber Ausnahmen)

– es ist förderlich jeden Tag – inklusive am Wochenende – zur ungefähr gleichen Uhrzeit aufzustehen!   (das zu Bett gehen ist auch wichtig, aber v.a. am Wochenende sozial nicht immer machbar)

– wir können manchmal in ein Schlafdefizit gehen, allerdings nicht über viele Tage/Wochen am Stück und am besten sollte man den Mangel wieder reinholen

 – z. B. in Form von kurzen Nickerchen („Siesta“) tagsüber; die sind okay und tun den meisten Menschen gut! Aber am besten nicht nach 17 Uhr, sonst beginnt der Kreis von neuem

– ein anderer Trick ist seine Schlafzeit ungefähr in mehrfachen 90 Minuten Abschnitten zu planen, d. h. 90 Minuten, 3 Stunden, 4,5 Stunden, 6 Stunden, 7,5 Stunden oder 9 Stunden zu schlafen, da eine Schlafphase circa so lange dauert und man sich wacher fühlt, wenn man am Ende einer Phase aufwacht

Jetzt zur Schlafqualität.Aus eigener Erfahrung und unzähligen Gesprächen mit Patienten hat sich gezeigt, dass harte Matratzen den meisten Menschen besser tun, als weiche. Es muss nicht gleich bretthart sein, aber durchaus härter, als man vielleicht zuerst denkt. Zumal die meisten Matratzen sich nach einiger Zeit eh „durchliegen“ (wer sich gerade keine neue leisten kann, die alte Matratze einfach mal rotieren oder wenden).
Am besten wäre, wenn man die Möglichkeit hat, bei einem Bekannten oder Verwandten oder ein einem Hotel im Urlaub ein paar Tage auszuprobieren, wie der Körper auf eine härtere Matratze reagiert. Ich möchte behaupten bei dem meisten Personen nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, die man überwinden muss, positiv.

Die Kopfkissen sind das nächste große Problem. Ich bin mittlerweile der festen Ansicht: 2 bis 3 flache und förmliche/feste Kissen sind besser als die verbreiteten „aufgeplusterten“, nur zur Hälfte gefüllten Kissen, die man zusammendrücken und falten und mit den Händen stabilisieren muss, damit sie den Kopf stützen. Als Regel: die Händen sollten komplett frei vor einem liegen können beim Einschlafen und nicht das Kissen stützen müssen. Die Arme haben generell nichts unter dem Kissen verloren. Und der Kopf sollte mindestens waagerecht liegen können, aus eigener Erfahrung sogar lieber ein-zwei Grad steiler nach oben. Mit speziell orthopädisch geformten Kissen haben manche Patienten gute Erfahrungen gemacht, ich persönlich mag sie nicht so gerne.

Wenn man sich ansieht, wie der Mensch hunderte Jahre und noch früher geschlafen hat, erscheint es eigentlich als sinnvoll, wenn wir am besten hart und sogar am Boden schlafen würden. (Manche Sportler gehen sogar soweit. Ich habe eine Woche durchgehalten und es hat mir außer häufigem Wachwerden gut getan. Man geht aber – vor allem mit Freundin – schnell wieder zur alten Gewohnheit zurück.)

Japan hat dahingehend eine interessante Schlafphilosophie. Sehr verbreitet sind dort „Futons“, zusammenlegbare, dünne Matratzen. Erstens recht hart und zweitens hat man durch das Verstauen der Matte tagsüber mehr Wohnraum zur Verfügung. „Spirituell“ gesehen gibt einem das Schlafen am Boden auch eine gewisse „Erdung“ und anderen Blick auf das Leben und ich finde man spürt das auch.

Noch kurz zur Schlafposition. Am Rücken schlafen ist super. Auf der Seite auch, wobei man dabei die Arm-Kissen-Regeln von oben beachten sollte und wenn man zu Hüft- oder Rückenbeschwerden neigt zwischen die Knie, bzw. unter das obere Knie ein Kissen legen sollte. Eine tolle Entlastung für jedermann (und z. B. Pflicht nach Hüftprothesen Operationen), denn damit fällt das obere Bein nicht zu weit nach innen (adduziert) und der Rumpf wird stabilisiert.

Tut mir leid für die Bauchschläfer, aber das ist die schlimmste Position. Vor allem für die Halswirbelsäule, die die ganze Nacht auf eine Seite gedreht wird und die Schultern, die nach vorne fallen, wie eh schon z. B. vor dem PC. Wenn die Matratze dazu noch nachgibt fällt der untere Rücken in ein Hohlkreuz und voilà, wir haben gleich mehrere Baustellen.

Toll sind übrigens kleine Rituale, die jedes Mal vor dem Schlafen wiederholt werden und den Körper beruhigen und auf den Schlaf vorbereiten sollen. Zum Beispiel Baden, Lesen, Meditation oder Tagebuch schreiben. Ich muss betonen, wie wichtig es ist kein Smartphone oder PC vor dem Schlafen zu benutzen und wenn, dann nur mit einer stärkeren Blaufilter-Einstellung, damit das Hirn durch das weiße Licht nicht denkt, es ist Tag und dadurch im Wachzustand bleiben will.

Also, versuchen Sie doch einmal ein zwei Dinge in den Alltag zu übernehmen und Ihren Schlaf zu optimieren. Ihr Körper und Ihre Beschwerden werden es Ihnen danken!

Machen Sie´s gut!

Ihr Nick – live-the-motion.de

Der Patient als eigener Therapeut

Der Mensch hat einen großen Teil seiner Schmerzfreiheit selbst im Griff

Wer kennt es nicht. Mal zwickt es hier, mal zwackt es da. Aber wenn ein Zwicken dann doch einmal länger dauert und vielleicht doch etwas mehr weh tut, als einem lieb ist, Bewegungen und alltägliche Aufgaben beeinträchtigt werden, dann bekommen es nicht wenige Menschen mit der Angst zu tun.

Meistens hat der Betroffene nur ein ungenaues Bild der eigenen menschlichen Anatomie im Kopf und weiß gar nicht so recht, was da eigentlich überhaupt weh tut und woher es kommt. Wozu auch? Wer beruflich nicht mit dem Skelettsystem zu tun hat benötigt ja auch selten Begriffe wie „Rotatorenmanschette“, „Bursitis“ oder „Kanalspinalstenose“.

Dass Wissen aber auch im Kampf gegen muskuloskelettale Beschwerden Macht ist und einem eine gehörige Portion Selbstvertrauen und Sicherheit geben kann, was unabdingbar ist in der Prävention und Therapie, ist eine noch wenig verbreitete Ansicht. Man sollte das „Monster“ kennen und ihm in die Augen blicken, dann verliert es an Schrecken.

Deswegen meine Regel Nr. 1:

„Informieren Sie sich online oder mit Fachliteratur über das betroffene Gelenk, bzw. die Körperregion, also die beteiligten Knochen, Muskeln, Sehnen, Bänder. Definitionen der häufigsten Erkrankungen und deren Symptome geben oft schon ein Indiz wo die Probleme liegen könnten, welche die Ursachen dafür sind und man erhält häufig hilfreiche Tipps, wie man sie heilt.“

Parallel dazu und vor allem bei anhaltenden Beschwerden sollte natürlich der Gang zum Mediziner oder Heilpraktiker folgen. Keine Scheu, auch bei intimeren oder vermeintlich peinlichen Problemen! Der Therapeut hat erstens schon alles gesehen und zweitens steht ihre Gesundheit an erster Stelle.

Oft folgt die Überweisung zu einem weiteren Spezialisten oder zur MRT (Magnetresonanztomographie), die dann weitere Aufschlüsse über eine ggf. zu Grunde liegende Erkrankung geben soll.

Die eigentliche Therapie kann dann vom Arzt selbst erfolgen oder aber von einem Physiotherapeut, Osteopathen, Chiropraktiker und anderen Therapeuten. Jene können aber nur bedingt in Sie hineinsehen und -fühlen, deswegen meine 2. so wichtige Regel:

„Arbeiten Sie unaufhörlich daran – während der Therapie, aber auch außerhalb im Alltag – Ihr eigenes Körpergefühl, Ihr Körperbewusstsein zu entwickeln und zu verbessern. Beobachten Sie Ihren Körper. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung, analysieren Sie die Art und Intensität ihres Schmerzes und die möglichen Ursachen.

Versuchen Sie Ihre Anatomie und Beschwerden zu verstehen, Ihre Beschwerden in Worte zu fassen und greifen Sie so gut es geht dem Therapeuten bei der Behandlung unter die Arme.“

Ein gut ausgeprägtes Körpergefühl ist meiner Meinung nach der entscheidendste Faktor, den jeder Patient selbst in der Hand hat und der in meiner eigenen Erfahrung den Unterschied ausmacht, ob die Therapie erfolgreich ist und lange anhält oder die Beschwerden immer wiederkehren.

Der menschliche Körper hat in meiner Ansicht ein unglaubliches Selbstheilungspotenzial, es erfordert nur Arbeit, sich mit seinem Körper so gut es geht auseinander zu setzen, ihn kennen und fühlen zu lernen und auch ehrlich zu sich selbst zu sein. Der Großteil der körperlichen Beschwerden ist auf ein mangelndes Körperbewusstsein zurückzuführen, aber auch auf Lebensumstände, Gewohnheiten und emotionale und psychische Belastungen.

Deswegen Regel Nummer 3:

„Werfen Sie einen genauen Blick auf Ihre tägliche Bewegung, Ihre Ernährung, Ihren Schlaf/Ihr Bett, Ihren Arbeitsplatz (physisch und psychisch) und derzeitige und vergangene emotionale/psychische „Vorkommnisse“. Womöglich sind Ihre körperlichen Beschwerden nur eine Manifestation anderer Probleme in Ihrem Leben, sie sind unser „Lehrmeister“ wie manche es bezeichnen.“

Wie oft habe ich Halswirbelsäulen- und Rückenpatienten mit enormem Stress am Arbeitsplatz betreut. Oder Schulter- und Nackenpatienten mit einer enormen Verantwortung, z.B. der Pflege eines kranken Familienmitglieds: „Die Last wiegt schwer auf meinen Schultern.“ Manches im Leben können wir ändern, wie einen Arbeitsplatz, der einfach nicht zu uns passt, manches aber nicht. Dann müssen wir damit umgehen lernen oder daran wachsen, deswegen der Lehrmeister.

Natürlich sind akute Verletzungen beispielsweise beim Sport und längst nicht alle Schmerzen auf derartige Dinge zurückzuführen, aber wer weiß, vielleicht doch mehr als wir denken. Viele Patienten lernen erst in der Heilungsphase die ach so schwierige „Geduld“ oder merken, wie sehr Sie Ihren Körper geschunden haben, was sich schlussendlich vielleicht in einem Skiunfall und der nachfolgenden, aufgezwungenen „Entschleunigung“ während der Therapiephase geäußert hat.

Zuletzt möchte ich noch die Regel der Zuversicht und des Selbstvertrauens betonen:

„Je überzeugter ein Patient ist, seine Beschwerden in den Griff zu bekommen und Herr über seinen Körper zu sein, desto wahrscheinlicher ist die Heilung.“

Natürlich darf so etwas nicht in Verdrängung abgleiten, bei dem alle Schmerzen ignoriert werden nach dem Motto: „Ach, das geht schon wieder weg, nicht so schlimm!“

Aber ein gesundes Maß an Überzeugung, dass man die Oberhand über seine Gesundheit hat, selbst dafür verantwortlich ist und „schon alles gut gehen wird“ unterstützt erstens die Psyche (frei nach Karl Valentin: „Wenn´s regnet bin ich glücklich. Weil, wenn ich nicht glücklich bin, regnet´s trotzdem.“) und zweitens fördert es meiner Erfahrung nach auch die Heilung der Beschwerden oder ermöglicht zumindest ein vernünftiges Weiterleben damit.

Egal ob es ein Art Placebo Effekt ist, den ich übrigens sehr stark schätze, oder ein anderer unbekannter Wirkungsmechanismus, es hilft.

Zum Schluss sei noch darauf verwiesen, dass diese ganzen Punkte natürlich erst so richtig zum Tragen kommen sollen, wenn ernsthafte gesundheitliche Risiken und Erkrankungen von einem Arzt ausgeschlossen wurden. Manches muss einfach herkömmlich schulmedizinisch behandelt werden, alles andere wäre ethisch nicht vertretbar. Aber das Bewusstsein neuen Ansätzen gegenüber zumindest ein wenig zu öffnen ist meiner Meinung nach nie verkehrt.

Machen Sie´s gut!

Ihr Nick – live-the-motion.de